Nach dem Regierungsrat hat unlängst auch das Verwaltungsgericht die Stadt Zürich beim Riesenabschreiber von 176 Millionen Franken für das neue Bettenhaus des Triemli-Spitals zurückgepfiffen. Es sei nicht erlaubt, Verwaltungsvermögen im Wert zu berichtigen, wenn die Einnahmen tiefer ausfallen würden als erhofft. Stattdessen müsse die Stadt das viel zu grosse Bettenhaus über die nächsten 33 Jahre abschreiben, was die Rechnung jährlich mit 16.8 Millionen Franken belastet. In Uster hätte sich dasselbe Szenario angebahnt.
Das Schweizer Gesundheitssystem ist dadurch charakterisiert, dass der Leistungsnehmer, der Patient, nicht das beste Preis-/Leistungsverhältnis für seine Behandlung sucht. Diese wird über Krankenkassenprämien und Steuern abgegolten und die entstehenden Kosten sind für den einzelnen wenig spürbar. Aus diesem Grund will der Patient nur die bestmögliche Behandlung in Anspruch nehmen. Was diese zu leisten vermag und welches Preisschild sie trägt, bleibt irrelevant. Diese Ausgangslage eröffnet den Anbietern von Gesundheitsdienstleistungen die Tür, um möglichst einfach viel Geld, Prestige oder Macht zu erlangen.
Nur vom Feinsten, dafür viel
Nicht erstaunlich ist daher, dass für den Neubau des Triemli Bettentraktes nur das Beste gut genug war. Die Baubranche und mögliche Spitalzulieferer freuten sich, die Politiker waren entzückt, die Parteien klatschten in die Hände und die Presse stimmte in den freudigen Reigen ein. Aus den oben erwähnten Gründen war das Stimmvolk schnell überzeugt ein Ja für den Neubau einzulegen. Bei der Inbetriebnahme des Bettenhauses wurde festgestellt, dass die Infrastruktur viel zu grosszügig gebaut wurde und nicht ausgelastet werden kann. Der Stadtrat der Stadt Zürich musste zur Kenntnis nehmen, dass sich gestrandete Aktiva in seinen Büchern befinden. Mit dem Finanzkniff einer einmaligen Abschreibung von 176 Millionen Schweizerfranken sollte ein Ende mit Schrecken eingeleitet werden. Der Regierungsrat und anschliessend das Verwaltungsgericht widersetzten sich diesem Ansinnen. Diese beiden Instanzen befanden, dass auflaufende Verluste jedes Jahr abgeschrieben werden sollen. Es wird damit gerechnet, dass die Spitalrechnung der Stadt Zürich in den nächsten 33 Jahren jedes Jahr mit 7.6 Millionen Schweizerfranken Abschreibungen zusätzlich belastet wird. Es resultiert ein Schrecken ohne Ende. Überkapazitäten führen zu Verlusten, wie jeder Ökonom weiss. Dies gilt auch für das Gesundheitswesen.
Dasselbe in Rot
In der Nachbarschaft von Zürich, in der Gemeinde Uster, geschieht dieselbe Geschichte nochmals. Es brauche mehr Betten für die sieche, älter werdende Bevölkerung von Uster und Umgebung mahnte die Spitalleitung an. Bis zu 270 an der Zahl müssten es sein. Die Delegierten des Zweckverbandes des Spitals Uster, der Stadtrat von Uster, Parteien und die meisten Politiker der Umgebung Uster waren selbstverständlich gleicher Meinung. Ein Spitalneubauprojekt von über 349 Millionen Schweizerfranken wurde dem Stimmvolk vorgelegt und dieses nahm an. Im Jahre 2019 scheiterte der scheidende Spitaldirektor zum ersten Mal an seinem Grössenwahn. Zuerst wurden zu viele Patienten budgetiert. Trotzdem diese die Betten nicht füllten, resultierten überdies hohe Kostenüberschreitungen. Nicht nur planerisch war eine massive Fehlleistung zu verzeichnen, sondern auch operativ. Der Verwaltungsrat und die Delegierten des Zweckverbandes des Spitals Uster erfüllten ihre Aufgabe der Aufsicht nicht. Die neuen Realitäten des Schweizer Spitalmarktes wurden ausgeblendet, weil sie nicht ins Konzept passten.
Der neue Direktor müsste es ausbaden
Der Neubau dürfe nicht mehr als 260 Millionen Schweizerfranken kosten, ansonsten das Spital Uster kaum je selbst tragfähig wäre, meinte Spitalpräsident Reinhard Giger anlässlich der Delegiertenversammlung des Zweckverbandes im März 2021 (gewusst hat er das übrigens schon vor 10 Jahren). 170 Betten sei die neue Zielgrösse (Delegiertenversammlung vom November 2021). 90 Millionen Schweizerfranken gestrandete Aktiva produziert? Glücklicherweise nicht. Zum Leidwesen vieler Politiker und Parteien ergriffen einige Nachbarn gegen den neuen Gestaltungsplan Rechtsmittel. Der Neubau des Spitals wurde damit zumindest hinausgezögert. Die Ustemer Schickeria wäre ansonsten zusammen mit hohen Verlusten gestrandet. Die meisten unterstützten das Projekt vorbehaltslos. Es wäre wohl spannend gewesen, wie die Parteien ihren Wählern das Finanzloch und die daraus folgenden höheren Steuern erklärt hätten. Weniger prickelnd wäre es wahrscheinlich für den neuen Spitaldirektor, Andreas Greulich, geworden. Egal ob er jetzt einmal einen hohen Abschreiber von 90 Millionen oder jährliche Abschreibungen von bis zu drei Millionen über mehrere Jahrzehnte hätte rapportieren müssen – er hätte den Kopf für die Fehlleistungen der anderen hinhalten müssen.