Staatspolitisch bedenklich

Unter dem Titel «Zweckverband ist im neuen Umfeld nicht mehr geeignete Rechtsform» erklärt uns die Delegiertenversammlung im Antrag zur Teilprivatisierung folgendes:

«Seit die Kantonsverfassung auch für Zweckverbände die Mitwirkungsrechte Referendum und Initiative vorschreibt, ist das schnelle Reagieren auf äussere Umstände weniger gut möglich.»

Weshalb der Zweckverband, bitte schön, in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln sei.

Eine solche Metamorphose  war wohl nicht im Sinne der Erfinder. Tatsächlich ist die in der «neuen» Kantonsverfassung (in Kraft seit Anfang 2006) festgeschriebene Demokratisierung der Zweckverbände alles andere als ein Betriebsunfall. Die Schlusslesung des Verfassungsratsprotokolls macht es deutlich :

«Auch im Bereich der Gemeinden ist nichts Revolutionäres geschehen, jedoch wurde die Gemeindeautonomie insgesamt gestärkt. Was wir besonders positiv finden, ist, dass die Demokratisierung der Zweckverbände hier festgehalten ist. Das ist ein Problem, das lange in der kantonalen Politik diskutiert wurde. Es hat jetzt hier eine verfassungsrechtliche Lösung gefunden, die wir als geglückt betrachten.» Markus Notter, Regierungsrat

«Drittens: Die direkte Demokratie wird gestärkt. Verfeinerung und Weiterentwicklung der direktdemokratischen Elemente werden das Ihre tun und auf kommunaler Ebene ist vor allem die demokratische Abstützung der Zweckverbände zu nennen.» Markus Arnold (CVP, Oberrieden)

Bemerkenswert die damalige Kampagne des bürgerlichen Komitees für die neue Kantonsverfassung, umgesetzt durch die PR-Agentur von Andreas Bretscher, ehemaliger FDP-Verfassungsrat und heutiger Vizepräsident des Stiftungsrats der Zürcher Höhenkliniken. Ebenda zuständig fürs Ressort «Tieferlegung». In einem Argumentarium schreibt er gegen «Grosse Irrtümer» an:

«Schwächung der Gemeinden? – Falsch! Richtig ist: Die neue Kantonsverfassung garantiert die Gemeindeautonomie und stärkt die Position der Gemeinden. […] Sie berechtigt die Gemeinden zur Zusammenarbeit auch über die Kantonsgrenzen hinaus und verbessert die Organisation der Zweckverbände.»

Da gibt es nichts zu deuteln: Regierungsrat, Verfassunsräte aus allen Lagern und das Volk, welches die neue Verfassung am 27. Februar 2005 angenommen hat, wünschen offenbar diese Mitwirkungsrechte, welche dem Spital Uster nun derart hinderlich erscheinen.

Es ist staatspolitisch bedenklich, wenn der heutige Zweckverband ausgerechnet die Kantonsverfassung als Vorwand für die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft anführt. Jedem privaten Akteur würde eine solche Umgehung des Volkswillens als «Ausnützen von Schlupflöchern» angekreidet.

Mehr als bedenklich ist hingegen, dass sich der Verband just zu einem Zeitpunkt in die neue Rechtsform flüchten möchte, da mit dem 250 Millionen 350 Millionen Franken Projekt «Vrenelisgärtli» und der geplanten Verlegung der Höhenklinik Wald eine äusserst kontroverse sachpolitische Vorlage vor der Tür steht.

Nein, der Zweckverband hat kein Problem mit zusätzlichen Mitwirkungsrechten – er hat in erster Linie ein Problem mit den bestehenden Mitwirkungsrechten, welche vorsehen, ein Projekt dieser Tragweite (finanziell und gesundheitspolitisch) vors Volk zu bringen.