Akutspital? Zwecklos!

Der ehemalige Pfäffiker Gemeinderat Karl Gruber bezeichnete die Umsetzung seines Antrags, die Beschlussprotokolle des Gemeinderats Pfäffikon künftig ins Netz zu stellen, als „revolutionären Schritt“. Wie recht er damit hat, dürfte ihm womöglich selber nicht ganz bewusst gewesen sein.

Denn gleich bei der ersten Publikation des Pfäffiker Gemeinderats überhaupt handelt es sich um den «Gemeinderatsbeschluss Spital Uster» vom 30. September 2014. Dieses Dokument beinhaltet brisante Informationen, welche der Öffentlichkeit bislang nicht zugänglich waren – und beweisen, dass die Tage des Akutspitals Uster gezählt sind:

die Wörter „akut“ und „Akutspital“ wurden konsequent aus den Statuten und der interkommunalen Vereinbarung (IKV) eliminiert!

Verallgemeinerung wird als «Präzisierung» verkauft

Die Schlüsselpassagen werden im folgenden kurz erläutert. Dabei muss betont werden, dass die Vorlage, worüber der Gemeinderat Pfäffikon Ende September im Sinne einer Abstimmungsempfehlung zuhanden der Stimmberechtigten befunden hat, vom Zweckverband Spital Uster erarbeitet wurde. Der Gemeinderat Pfäffikon ist somit lediglich der (erste) Überbringer der schlechten Nachricht.

In der Weisung werden die wichtigsten Bestimmungen der Statuten der zu gründenden Spital Uster AG vorgestellt:

«Die Zweckbestimmung der Aktiengesellschaft wurde aus den Zweckverbandsstatuten 2012 übernommen und präzisiert. Sie stimmt mit der einschlägigen Formulierung der Interkommunalen Vereinbarung wörtlich überein.»

Tatsächlich? Stellen wir die beiden Zweckbestimmungen doch tabellarisch gegenüber:

bisherige Zweckverbandsstatuten Zweckbestimmung Spital Uster AG

Art. 4 – Verbandszweck
Der Verband bezweckt die spitalmedizinische Grundversorgung im Verbandsgebiet unter Berücksichtigung der regionalen und überregionalen gesundheitspolitischen Bedürfnisse und betreibt dazu vor allem das Spital Uster als Schwerpunktspital (in der Folge auch Spital genannt).

Art. 5 – Aufgabe des Spitals
Das Spital ist für Akutkranke, insbesondere für Patientinnen und Patienten aus dem Verbandsgebiet, bestimmt und gewährt ärztliche Behandlung und Pflege. Es kann ferner Personal ausbilden.

Die gemeinnützige Aktiengesellschaft bezweckt die medizinische Versorgung im Einzugsgebiet des Oberen Glatttales und des Zürcher Oberlandes unter Berücksichtigung der regionalen und überregionalen gesundheitspolitischen Bedürfnisse. Sie betreibt dazu vor allem das Spital Uster und führt im Auftrag seiner Trägerschaft einen Rettungsdienst.

(Quellen: Zweckverbandsstatuten Spital Uster und GR Beschluss Pfäffikon)

Die Zweckbestimmung der AG unter diesen Umständen als «Präzisierung» zu bezeichnen ist – gelinde gesagt – irreführend. Das Gegenteil ist der Fall: die Zweckbestimmung wird derart aufgeweicht, dass der Betrieb eines Akutspitals in Uster nicht mehr zwingend ist und Uster, statutenkonform, zu einem reinen Rehastandort mutieren kann.

Denn ein Rehaspital bezweckt selbstverständlich auch die „medizinische Versorgung“.  Die Betonung des Rettungsdiensts ist clever: es weht ein Hauch von Notfall durch die Zeilen, um damit geschickt davon abzulenken, dass es mit dem Wegfall des Akutspitals in Uster auch keine Notfallaufnahme mehr geben wird.

Das Spital Uster möchte nicht mehr sein was es heute ist

Die Eliminierung des Begriffs „Schwerpunktspital“ ist ebenfalls nicht unerheblich: der Zürcher Regierungsrat schreibt in seinem Beschluss 1134 unter dem Titel „B. Zürcher Spitalliste 2012 Akutsomatik“ wörtlich:

«Bei der Auswahl der Fachpersonen der nichtuniversitären Spitäler hat die Gesundheitsdirektion Zentral-, Schwerpunkt- und Privatspitäler angemessen berücksichtigt.»

Ein «Schwerpunktspital» ist also implizit ein Akutsomatik-Spital. Der Verzicht auf diesen Begriff in der Zweckbestimmung der Spital Uster AG ist also ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Betrieb eines Akutspitals nicht mehr zwingend Zweck einer Spital Uster AG sein wird. Im Übrigen bezeichnet sich das Spital Uster heute auf seiner Website selber noch als «Schwerpunktspital im Oberen Glatttal und im Zürcher Oberland».

Fusion mit der GZO Wetzikon wäre möglich

Damit nicht genug, auch der zweite Absatz der AG-Zweckbestimmung hat es in sich. Stellen wir wieder die geltenden Zweckverbandsstatuten den neuen AG-Statuten gegenüber:

bisherige Zweckverbandsstatuten Zweckbestimmung Spital Uster AG

Art. 6 – Kooperationen
Das Spital kann zur Nutzung von Synergien oder zur Bildung von medizinischen Versorgungsketten mit Dritten kooperieren, sofern die Zusammenarbeit dem Verbandszweck oder der effizienten und wirtschaftlichen Betriebsführung dient.

Die Gesellschaft kann mit Dritten kooperieren, Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften errichten, sich an anderen Unternehmen beteiligen, gleichartige oder verwandte Unternehmen erwerben oder sich mit solchen zusammenschliessen, sofern die Zusammenarbeit dem Gesellschaftszweck oder der effizienten und wirtschaftlichen Betriebsführung dient. Zudem kann die Gesellschaft Grundeigentum erwerben, belasten, veräussern und verwalten.

Neu wird also die Fusion mit gleichartigen oder verwandten Unternehmen möglich sein.

Auch hier: diese explizit geschaffene Fusionsmöglichkeit als „Übernahme der Zweckbestimmung aus den Zweckverbandsstatuten 2012“ zu verkaufen ist unlauter.

Und mit wem könnte eine künftige Spital Uster AG wohl fusionieren wollen?  Selbstverständlich, die GZO Spital Wetzikon AG steht in den Startlöchern und rüstet sich bereits heute für dieses Szenario.

Regionale Verankerung – je nach Bedarf

Schliesslich enthalten die Statuten der Spital Uster AG, immer gemäss Weisung, auch folgenden Satz:

«Die Gesellschaft verwendet im Rechtsverkehr den Namen Spital Uster AG und betont mit dieser Bezeichnung die regionale Verankerung des Spitals und die Kontinuität seiner Tätigkeit.»

Diese Passage entbehrt nicht einer gewissen, zynischen Ironie. Der Direktor der künftigen Spital Uster AG, Andreas Mühlemann, ist ja gleichzeitig Stifungsratspräsident der «Zürcher Höhenkliniken Wald und Clavadel» und plant in dieser Funktion die Verlegung der «Zürcher Höhenklinik Wald» von 900 m.ü.M. nach Uster auf 470 m.ü.M. – um hier die «Kontinuität der (Reha-)Spitaltätigkeit» zu sichern.

Wenn der Name «Spital Uster AG» also tatsächlich Garant für die «regionale Verankerung“ und «Kontinuität der Spitaltätigkeit» ist, dann müsste dies logischerweise für die «Höhenklinik Wald» gleich in doppeltem Sinne gelten: in der Höhe und in Wald.

Das sieht Andreas Mühlemann in einem Beitrag des SRF Regionaljournals Zürich und Schaffhausen vom November letzten Jahres aber ganz anders: «Die Stiftung [Zürcher Höhenkliniken Wald und Clavadel] hat einen anderen Zweck als lokal auf Wald ausgerichtet Entscheidungen zu treffen.»

Da haben wir’s, vom Chef persönlich: der Zweck ist massgebend und nicht der Name.

Derselbe Andreas Mühlemann wird uns also in ein paar Jahren bescheiden können, dass „die Spital Uster AG einen anderen Zweck hat als in Uster ein Akutspital zu betreiben.“ Wo er recht hat, hat er recht.


Siehe dazu auch den Artikel «Einzigartig unüblich», welcher die Statuten aller Zürcher Spital AGs miteinander vergleicht.